Autogenes Training als Hausmittel bei Sinusitis

Überraschenderweise hat sich heraus gestellt, dass mir Autogenes Training nicht nur beim Entspannen hilft, sondern auch als Hausmittel für meine chronische Nasennebenhöhlenentzündung bzw. Sinusitis funktioniert. Aber von vorne …

Ungefähr ein Jahr nach meiner Diagnose Samter-Syndrom – zu der Zeit nahm ich täglich Asthma-Sprays und Kortison-Nasensprays und hatte viel mit Nebenwirkungen zu kämpfen – habe ich beschlossen, die Sache selbst in die Hand zu nehmen und etwas zu tun, um meine Asthma- und Sinusitis-Beschwerden zu lindern. Ich habe damals einen VHS-Kurs „Autogenes Training“ gemacht und mit Qi Gong angefangen. Beides praktiziere ich bis heute (mal mehr, mal weniger intensiv) – und beides hilft mir.

Was ist Autogenes Training?

Mit autogenem Training konditioniert man den eigenen Körper so, dass er sich auf bestimmte Signale hin automatisch tief entspannt. Mit sechs formelhaften Sätzen werden verschiedene Bereiche des Körpers (genauer: des vegetativen Nervensystems) „angesprochen“ und beeinflusst, die vom Parasympathikus gesteuert werden. Der Parasympathikus ist „für die unwillkürliche, das heißt nicht dem Willen unterliegende, Steuerung der meisten inneren Organe und des Blutkreislaufs verantwortlich. Er wird auch als ‚Ruhenerv‘ bezeichnet, da er dem Stoffwechsel, der Regeneration und dem Aufbau körpereigener Reserven dient […]. Er sorgt für Ruhe, Erholung und Schonung.“

Es geht, kurz gesagt, also darum, „Systeme“ des Körpers zu anzusprechen und zu entspannen, die wir im Alltag nicht willentlich beeinflussen können, nämlich: Muskeltonus, Durchblutung, Atmung und Puls. Das geschieht durch sechs formelhafte Sätze, die man nacheinander „einübt“ (sich in Gedanken vorsagt und sich dabei vorstellt, was passieren soll), bis sich die gewünschte (vorgestellte) Wirkung automatisch einstellt, sobald der jeweilige Satz gedacht wird:

Die sechs Formeln

1. „Meine Arme und Beine sind ganz schwer“ (der Muskeltonus sinkt: die Muskeln entspannen, Vorstellung z.B. schwer auf warmem Sand am Strand liegen oder unter einer angenehm schweren Decke liegen)

2. „Meine Arme und Beine sind ganz warm“ (die Durchblutung der Haut wird verstärkt; Vorstellung z.B. Arme und Beine sind in warmes Wasser getaucht oder werden von der Sonne bestrahlt)

3. Mein Atem kommt und geht (die Atmung wird langsamer und tiefer; hier nimmt man eher eine Beobachter-Position ein und schaut zu, wie der Atem ganz von selbst und ohne Anstrengung in den Bauch strömt und ihn wölbt, kurz pausiert, wieder hinausströmt, kurz pausiert …)

4. Mein Herz schlägt ruhig und regelmäßig (die Pulsfrequenz sinkt; man konzentriert sich auf den eigenen Herzschlag und nimmt war, wie ruhig und gleichmäßig er ist)

5. Mein Bauch ist strömend warm (die inneren Organe werden stärker durchblutet; Vorstellung z.B. von einer Wärmflasche auf dem Bauch – oder tatsächlich eine Wärmflasche oder die warmen Hände auf den Bauch legen)

6. Meine Stirn ist angenehm kühl (Durchblutung der Stirn soll vermindert werden, Vorstellung z.B. von einem Bad in einem warmen Meer, während eine angenehm kühle leichte Brise einem um den Kopf weht)
(Diese sechste Übung nimmt eine Sonderstellung ein, weil hier im Gegensatz zu den anderen fünf Übungen der Sympathikus angesprochen wird: die Blutgefäße sollen nicht entspannen, sondern sich im Gegenteil vereengen, so dass die Stirn weniger durchblutet wird. Nach dem Erfinder des Autogenen Trainings, Johannes Heinrich Schultz, soll diese letzte Übung der Ausbreitung des Wärmeemfpindens auf den Kopf entgegen wirken, da dies häufig als unangenehm empfunden würde bzw., umgekehrt, ein kühler Kopf einen angenehmen Kontrast zum warmen Körper ergibt.)

Meine private „Nase frei“-Formel

Ich habe für mich noch einen Satz zugefügt

7. Meine Nebenhöhlen sind frei und weit
wobei ich mir vorstelle, dass Luft (oder warmes, ganz leicht salziges Wasser) frei durch alle Nebenhöhlen strömt und aller Schleim sich verflüssigt und nach hinten in den Rachen abfließt (vorher ein großes Glas Wasser trinken nicht vergessen!).

Und was soll ich sagen: es funktioniert.

Wirkung

Inzwischen kann ich mit autogenem Training in 15 bis 20 Minuten tief entspannen und so „Urlaub“ vom Alltag nehmen (und muss nicht mehr auf das nächste Wochenende, den nächsten Urlaub, die Zeit, wenn die Kinder groß sind … warten, um mich zu erholen).

Anschließend kann ich (ohne „Rücknahme“, dazu unten mehr) entweder sehr gut (weiter)schlafen – oder ich bin (mit Rücknahme) für die nächsten 5 Stunden fit und erholt.

UND:  Wenn ich mich mit zugeschwollener Nase zum Autogenen Training hinsetze, dann stehe ich zwanzig Minuten später mit freier Nasenatmung wieder auf. Die freie Nase hält (leider) nicht unbedingt ewig an. Aber kurzfristig tritt bei mir immer eine deutliche Besserung ein. Und auch eine zeitweilige Belüftung der Nebenhöhlen kann nur gut sein. Von dem schönen Gefühl einer freien Nase mal ganz abgesehen 🙂

Vorsichtig bin ich allerdings, wenn meine Bronchien gerade sehr stark geschwollen bzw. zugeschleimt sind: dann kann es nämlich passieren, dass durch die Entspannung (und Erschlaffung) der Bronchialmuskulatur  der Luftweg noch enger wird und sich das Asthma verschlechtert. Das ist mir allerdings in der ganzen Zeit nur zwei- oder dreimal passiert. Meistens geht es mir beim und nach dem Autogenen Training spürbar besser, als vorher.

Wie geht man Autogenes Training an?

Die richtige Haltung

Es gibt verschiedene Körperhaltungen, die sich für das Autogene Training bewährt haben:

  • liegend: lang ausgestreckt, die Beine gerade nebeneinander, Arme und Hände neben dem Körper (darauf achten, dass man bequem und warm liegt)
  • sitzend: entspannt in einem Sessel (mit Kopfstütze)
  • oder im sogenannten Kutschersitz: dabei setzt man sich auf den vorderen Teil eines Stuhls, lässt den Oberkörper nach vorne sacken und stützt die Ellbogen auf den leicht gespeizten Oberschenkeln auf; der Kopf hängt locker nach unten

Wichtig ist: man sollte von Anfang an zwischen den verschiedenen (gewünschten) Positionen wechseln, damit das Autogene Training am Ende nicht nur in einer bestimmten Haltung klappt.

Einstimmung

Mit dem Satz „Ich bin ganz ruhig“ stimmt man sich auf das bevorstehende Autogene Training ein. Zwei bis dreimal vorsagen, bis die Gedanken sich langsam beruhigen und man bereit für die erste Übung ist.

Die Übungen nacheinander einüben

Dann übt man alle sechs Formeln schrittweise und in länger werdenden Übungs-Sitzungen ein. Das ist sehr detailliert hier sehr gut erklärt.

Damit der Körper möglichst schnell „lernt“, sich „auf Befehl“ automatisch zu entspannen ist es vor allem am Anfang sinnvoll, mehrmals täglich zu üben (z.B. morgens, mittags, abends).

Wichtig: die Rücknahme

Am Ende des Autogenen Trainings hat man zwei Alternativen: man dreht sich zur Seite und lässt sich in den Schlaf gleiten. Wenn man das nicht möchte, nimmt man den Entspannungszustand wieder zurück, indem man Arme und Beine ein paar Mal kräftig anspannt und tief durchatmet. Die Rücknahme ist wichtig, denn bei fehlender Rücknahme kann es zu Kopfscmerzen oder Kreislaufproblemen kommen.

Fazit

Ich fand es hilfreich, Autogenes Training am Anfang in einer Gruppe zu lernen: die Motivation, dabei zu bleiben ist höher, man kann sich mit den anderen Kursteilnehmern darüber austauschen, was bei den einzelnen Übungen passiert und kann bei Unklarheiten den Kursleiter oder die Kursleiterin fragen. Mit dem nötigen Durchhaltevermögen ist Autogenes Training aber sicher auch problemlos zu Hause zu erlernen. Besonders komplex ist es ja nicht 😉

Ich schätze am Autogenen Training besonders, dass es eine so schnelle Methode zur Entspannung ist: man braucht nur 10 bis 20 Minuten und ist dann für Stunden erholt und fit.

Und meine Nase ist frei 🙂

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4 Kommentare

  1. Die Ausführungen bzw. der Ansatz dies mit autogenem Training in den Griff zu bekommen finde ich sehr interessant. Mit der Samter Trias Diagnose wurde mir gleich gesagt, dass dies noch sehr schlecht bzw. zu wenig erforscht sei und eine eindeutige Therapie somit praktisch nicht gegeben ist – aus schulmedizinischer Sicht wohlgemerkt. Nach Besuchen und etlichen Behandlungen bei alternativen Medizinerinnen ist der Stand so, dass ich manchmal über Monate nichts bis fast nichts spür aber nur unter ständigem Einsatz von Asthmaspray die Bronchien im Griff hab. Ich sportle recht viel und das halte ich auch für einen wichtigen Punkt um die Lunge zu stärken – was auch ein Tipp des Lungenfacharztes war – Ausdauersport sei sehr wichtig bei dieser Symptomatik und auch eine Aussage von ihm – Idealgewicht halten!
    Ich hätte nun eine Frage: nimmst du trotzdem Medikamente, wenn ja welche und wie oft?

    mfg
    Silvia

    1. Hallo Silvia,

      da muss ein wenig Differenzieren: mit Autogenem Training (AT) bekomme ich in der Regel kurzfristig meine Nase „frei“, sprich, ich kann nach den AT für eine Weile durch die Nase atmen, auch wenn das vor dem AT nicht ging.
      Einen Asthmaanfall bekomme ich persönlich mit AT aber nicht in den Griff. Eher im Gegenteil: wenn die Bronchien eh schon eng sind, wird das Asthma durch Tiefenentspannung bei mir eher schlechter.

      Leichtere Asthmaanfälle bekomme ich aber inzwischen mit Qi Gong-Übungen (genauer: Nei Yang Gong) unter Kontrolle. Das sind, ganz grob gesprochen, Übungen zur Entspannung in Bewegung.

      Beide Entspannungstechniken sind aber bei mir „nur“ flankierende Maßnahmen. Der eigentliche „Trick“ besteht darin, die Aufnahme von Saliylsäure, vor allem im Essen (und in Hygieneprodukten) so weit zu reduzieren, dass es keine Asthma-Reaktion mehr gibt. Das mache ich durch eine konsequent salicylsäurearme Ernährung nach der „Elimination Diet“ des Royal Prince Albert Hospital, siehe https://samter-trias.de/wp/salicylsaeuregehalt-lebensmittel .

      Wenn ich diese Diät strikt einhalte, brauche keine Dauermedikation.

      Es gibt – außer der Salicylsäure in Lebensmitteln – aber noch andere Asthma-Auslöser bei mir (z.B. viele Dämpfe und starke Gerüche, nasskaltes Wetter, Gräserpollen und ungegartes Getreide, Aufregung / Stress / Ärger). Weil ich diese Faktoren nicht immer kontrollieren kann, habe ich weiterhin ab und an Atembeschwerden. Dann nehme ich meist einen Hub Inuvair, entweder einmalig, manchmal auch einige Tage hintereinander, je nachdem, wie stark / dauerhaft die Beschwerden sind. Wie oft das nötig ist, hängt, wie gesagt, von vielen verschiedenen Faktoren ab. Aber insgesamt, würde ich schätzen, nehme ich an einem sechstel bis fünftel aller Tage im Jahr Asthmaspray.

      Kortikoides Nasenspray (Nasonex etc.) vertrage ich schlecht. Ich bekomme davon nach ca. 10 Tagen Nasenbluten. Deshalb nehme ich das nur, wenn die Nase durch irgendeine außergewöhnliche Belastung (Dämpfe, Diätfehler …) besonders zugeschwollen ist (behinderte Nasenatmung bis hin zu Druck im Kopf). In „normalen“ Zeiten ist aber meine Nasenatmung frei. Riechen tue ich allerdings nicht.

      Hilft dir das weiter?
      Viele Grüße
      Sylke

      1. Hallo Sylke,
        ich war bisher davon ausgegangen, dass ich nie mehr riechen könne, u.a. auch wegen einer Antibiose über drei Monate in 2013. Vor Weihnachten habe ich eine Predni-Stoßkur gemacht und mit einem Male roch ich wieder ein wenig. Vermutlich verliert sich das wieder, war aber erstmal sehr erfreulich.
        VG
        Wilfried